Schlafbedürfnis - Schlafsucht primäre Hypersomnien

primäre Hypersomnien

Hypersomnie bedeutet übermäßiges
Schlafbedürfnis bzw. Schlafsucht.

Sie ist das Leitsymptom für eine Gruppe von Erkrankungen, die trotz eines erhöhten Schlafbedürfnisses letztendlich zur Tagesmüdigkeit führen. Das erhöhte Schlafbedürfnis kann primär auftreten oder durch interne und externe Faktoren verursacht sein. 

Das ICDS2 definiert eine Reihe von Erkrankungen:

  • Narkolepsie mit Kataplexien
  • Narkolepsie ohne Kataplexien
  • Narkolepsie im Rahmen einer organischen Erkrankung
  • Kleine-Levin-Syndrom
  • Menstruationsbezogene Hypersomnie
  • Idiopathische Hypersomnie mit verlängerter Schlafzeit
  • Idiopathische Hypersomnie ohne verlängerte Schlafzeit
  • Verhaltensabhängiges Schlafmangelsyndrom
  • Hypersomnie im Rahmen einer organischen Erkrankung
  • Hypersomnie im Rahmen eines Medikamenten- oder Substanzmittelmissbrauchs
  • Hypersomnie, nicht im Rahmen von Substanzmittelmissbrauch oder einer bekannten physiologischen Störung (nichtorganische Hypersomnie)

Die wichtigste primäre Hypersomnie ist die Narkolepsie, eine rätselhafte Erkrankung mit noch rätselhafteren Symptomen. Bis in die 1980er Jahre war diese Art Erkrankung den meisten Medizinern gar nicht bekannt. Die Patienten wurden als Schlafmützen, Simulanten und Sonderlinge abgetan. Das Leitsymptom der Narkolepsie ist die imperative Einschlafattacke, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Egal wie interessant das aktuelle Geschehen oder wie wichtig etwa die aktuelle Besprechung ist, der Patient verspürt einen unendlichen Drang sofort einzuschlafen und tut dies auch. In Monotonie-Situationen (langweilige, reizlose Situationen) ist das ganze noch schlimmer. Dies führt unausweichlich zu einem problematischen sozialen Verhalten, da der Betroffene in den unmöglichsten Situationen einschläft. Die Schlafdauer beträgt zwischen 5 und 15 Minuten. Danach ist der Betroffene für einige Zeit erholt. Solche Schlafepisoden können mehrfach am Tag auftreten.

Dies ist aber nicht das einzige wesentliche Symptom dieser Erkrankung. Erfährt der Patient ein ihn emotional berührendes Ereignis (guter Witz, Erschrecken, Aufregung), kann es passieren, dass in die Kraft im ganzen Körper verlässt. Dieser Verlust des Muskeltonus heißt Kataplexie. Auch dieses Symptom ist sozial unverträglich, da der Patient beispielsweise nach dem Erzählen eines guten Witzes bei vollem Bewusstsein zu Boden gleiten kann, da ihn die Kraft im ganzen Körper verlässt. Es kann aber auch sein, dass ihm „nur“ die Tasse aus der Hand fällt oder ein 

Ein weiteres Symptom, das der Kataplexie ähnelt, ist die Schlaflähmung. Der Patient erwacht und kann sich – obwohl er bei vollem Bewusstsein ist – nicht bewegen. Das ist natürlich bedrohlich, aber eigentlich ungefährlich, denn nach einigen Minuten kehrt die Fähigkeit zur motorischen Bewegung zurück. Beide Symptome, die Kataplexie und die Schlaflähmung, haben etwas mit dem sogenannten REM-Schlaf (Traumschlaf) zu tun. Im REM-Schlaf wird die Motorik gehemmt, damit wir im Traum nicht „davonlaufen“. Die Narkolepsie ist eine Erkrankung, die auf irgendeine Weise etwas mit der Regelung des Traumschlafes zu tun hat. Bei Tests im Schlaflabor hat man gemessen, dass bei Narkolepsie-Patienten der Traumschlaf viel früher auftritt als bei Gesunden – nämlich kurz nach dem Einschlafen. Man nennt dies Sleep-onset-REM (SOREM)und es ist ein Diagnosekriterium bei der Untersuchung im Schlaflabor. 

Aus diesem Phänomen resultiert das letzte wichtige Kardinal-Symptom der Narkolepsie: die hypnagoge Halluzination. Zwischen Wach- und Traumzustand sieht der Patient dabei zum Teil sehr reale Bilder – der Löwe springt durchs Schlafzimmer – und es vermischen sich Trauminhalte mit dem Wachzustand. Auch dies kann sehr beängstigend sein. Bei einer entsprechend guten Anamnese-Erhebung ist die Diagnose einer Narkolepsie jedoch fast immer und sicher in einem Patientengespräch zu stellen. Dennoch gehört zur Sicherung der Diagnose eine Schlaflabor-Untersuchung sowie eine immunologische und genetische Untersuchung, Denn man hat festgestellt, dass das sogenannte HLADR2-Antigen bei Narkolepsie-Patienten eigentlich immer vorhanden ist. Ist dieses Gen nicht zu finden, ist die Diagnose der Narkolepsie unwahrscheinlich. 

Daneben gibt es aber auch idiopathische Hypersomnien, die „nur“ mit einem erhöhten Schlafbedürfnis und einer Mattigkeit während des Tages auftreten. Diese Diagnose wird gestellt, wenn man keine weitere Ursache findet, allerdings ist hier intensiv nach einer immunologischen Ursache zu forschen. Mattigkeit am Tage oder auch chronische Erschöpfung kann nämlich auch durch Virusinfektionen, zum Beispiel durch das Epstein Barr Virus (infektiöse Mononukleose, Pfeiffersches Drüsenfieber) oder das Coxsackie-Virus hervorgerufen werden. Dies endet dann oft in einem sogenannten Chronic Fatigue Syndrom, einer sehr unangenehmen Erkrankung, die mit Dauererschöpfung einhergeht.

Eine weitere wichtige Hypersomnie ist das Kleine-Levin-Syndrom. Es ist durch sich wiederholende Perioden geprägt, in denen ein erheblich verlängertes Schlafbedürfnis auftritt. Diese Perioden können Tage, aber auch Monate dauern. Die Betroffenen schlafen dabei fast den ganzen Tag, sie sind schlecht ansprechbar, müde, unwirsch und apathisch. Man kann sie zwar wecken, aber sie dösen sofort wieder ein. Die Schlafepisoden werden von Heißhungerattacken in den Wachzeiten abgelöst. Das Syndrom betrifft vor allem männliche Jugendliche. Oft ist es mit Übergewicht verknüpft. Den Auslöser für diese Erkrankung kennt man (noch) nicht.

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