Chronische Schlafstörungen

Intensive Diskussion um den Sinn und Unsinn der Sommerzeit

Seit einigen Jahren entbrennt jedes Frühjahr und jeden Herbst eine intensive Diskussion um den Sinn und Unsinn der Sommerzeit.

Aus schlafmedizinischer Sicht möchte ich hierzu einige Anmerkungen machen, da diese Debatte meiner Meinung nach stark übertrieben und teils sogar wichtigtuerisch wirkt.

Die Sommerzeit wurde in den beiden Weltkriegen sowie 1980 unter dem Eindruck der Ölkrise als energiesparende Maßnahme eingeführt. Wie viel Energie damals und heute tatsächlich eingespart wurde, ist umstritten und wird inzwischen als eher untergeordnet angesehen. Dennoch haben viele Menschen in Deutschland die Sommerzeit als angenehm empfunden, da die Abende im Sommer länger hell sind. Dies ermöglicht vielfältige Freizeitaktivitäten im Freien, wie Spielen, Sport oder gemütliches Beisammensein. Besonders für berufstätige Eltern bedeutet dies auch wertvolle, zusätzliche Zeit mit ihren Kindern für Beschäftigung im Freien. Die Sommerzeit spielt also eine wichtige Rolle für unser soziales Leben.

Dennoch flammen jedes Jahr im Frühjahr und Herbst erneut Diskussionen auf, bei denen Gegner der Sommerzeit vehement die gesundheitlichen Nachteile sowie die Unannehmlichkeiten der Zeitumstellung anprangern. Meiner Ansicht nach überwiegen jedoch die persönlichen Vorteile der längeren Sommerabende deutlich gegenüber der einmaligen Umstellung im Frühjahr.

Aus schlafmedizinischer Sicht ist tatsächlich nur die Umstellung im Frühjahr relevant. Die meisten Menschen haben einen leicht verlängerten Tagesrhythmus, das heißt, ihr innerer Rhythmus dauert etwas länger als 24 Stunden. Dies wurde in den 1960er- und 1970er-Jahren durch den renommierten Forscher Jürgen Aschoff vom Max-Planck-Institut in Bunkerversuchen nahe München wissenschaftlich nachgewiesen. Aschoff prägte dabei den Begriff des "Zeitgebers", der sogar ins Englische übernommen wurde. Dieser "Zeitgeber" ist der 24-Stunden-Rhythmus unserer Erde, der unseren inneren Rhythmus reguliert. Da unser natürlicher Rhythmus tendenziell länger als 24 Stunden ist, neigen wir dazu, unseren Tag auszudehnen. Die Verkürzung des Tages im Frühjahr durch die Zeitumstellung erfolgt also gegen diese innere Uhr, was anstrengend sein kann und von vielen als unangenehm empfunden wird. Die Zeitumstellung im Herbst hingegen ist in der Regel unproblematisch, da wir eine Stunde "geschenkt" bekommen und so unserem natürlichen Rhythmus eher entgegenkommen.

Interessanterweise stört sich kaum jemand an einer ähnlichen Zeitverschiebung, wenn sie durch Reisen entsteht. Wer nach Gran Canaria oder in die Türkei reist, erlebt ebenfalls eine Verschiebung um eine Stunde wie bei Umstellung auf Sommerzeit (im Reisefall sogar zweimal) . Nach dem Urlaub fällt diese Umstellung jedoch kaum jemandem negativ auf, was zeigt, wie sehr die Wahrnehmung solcher Effekte von der individuellen Perspektive abhängt. Ebenso nehmen viele Menschen Jetlag nach Interkontinentalflügen als gegeben hin, da dies als Teil des Reiseerlebnisses akzeptiert wird.

Insofern erscheint mir die Diskussion über die Zeitumstellung aus schlafmedizinischer Sicht überzogen. Die einmalige Umstellung im Frühjahr ist angesichts moderner Lebensgewohnheiten, wie der spätabendlichen Nutzung von Handys, Computern und Fernsehern mit starkem Blaulichtanteil die das Einschlafen verzögern  und das Aufstehen am nächsten Tag erschweren, weit weniger problematisch als oft behauptet.

Ich möchte auch an die Frühjahrsmüdigkeit erinnern, ein Phänomen, das bereits im 19. Jahrhundert beschrieben wurde – lange vor der Einführung der Sommerzeit. Diese Müdigkeit entsteht häufig im Rahmen des circannualen Rhythmus durch den Lichtmangel der dunklen Jahreszeit, hormonelle Schwankungen (insbesondere ein unausgeglichener Serotonin- und Melatoninhaushalt) sowie die Umstellung des Körpers auf wärmere Temperaturen und längere Tage.

Hinzu kommt, dass insbesondere in früheren Zeiten im Winter deutlich weniger vitaminreiche Nahrung zur Verfügung stand und somit die Energiereserven des Körpers erschöpft waren. Dies mag heute weniger relevant sein, dennoch macht sich der Lichtmangel und der Einfluss der circannualen Rhythmen auch heute noch bemerkbar. Faktoren wie Verhaltensänderungen bei Dunkelheit und Kälte, eine veränderte Wahrnehmung der kalten Winterzeit oder angepasste Essgewohnheiten spielen hierbei eine Rolle.

Jeder kennt das Gefühl, dass im Frühjahr nicht nur die Natur, sondern auch wir selbst häufig einen Neustart erleben. All diese Faktoren können zu einer Frühjahrsmüdigkeit führen, die es schon lange vor der Sommerzeit gab und die auch heute noch spürbar ist. Sollten Sie sich also schlapp fühlen, liegt dies vielleicht gar nicht an der Sommerzeit.

Die Frühjahrsmüdigkeit hat also nur wenig mit der Zeitumstellung zu tun.

Aus sozialen Gründen bin ich ein Befürworter der Sommerzeit. Die längeren Abende bereichern unser gesellschaftliches Leben und bieten insbesondere berufstätigen Eltern wertvolle Freizeit mit ihren Kindern.  Diese Vorteile sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Blieben wir das ganze Jahr bei der Winterzeit, würden wir die langen Sommerabende verlieren. Würden wir hingegen die Sommerzeit das ganze Jahr beibehalten, hätten insbesondere Kinder und Jugendliche (die morgens ohnehin schwer aus dem Bett kommen) das Problem, dass sie bereits lange vor Tagesanbruch in der Schule sein müssten. Im Dezember und Januar würde die Sonne dann erst gegen 9:00 Uhr aufgehen, was zu langen Phasen von Dunkelheit im Berufs- und Schulalltag führen würde.

Ein Tipp zur Umstellung auf die Sommerzeit: Mir fiel letztes Jahr auf, dass die Umstellung besonders angenehm war, als sie zufällig in die Osterfeiertage fiel. Durch die zwei freien Tage hatte man ausreichend Zeit, sich zu akklimatisieren.

Diese Erleichterung kann man sich auch selbst schaffen: Wenn man ab dem Donnerstag vor der Zeitumstellung jeden Abend die persönliche Uhr um 15 Minuten vorstellt, hat der Körper drei bis vier Tage Zeit zur Anpassung – was kaum spürbar ist.

Ein Vorschlag an die politischen Entscheidungsträger: Warum die Zeitumstellung nicht generell auf die Osterfeiertage verlegen? Würde die Zeit beispielsweise am Karfreitagabend oder am Gründonnerstag um eine Stunde vorgestellt, hätte man im christlichen Europa vier Tage zur Anpassung – das Problem wäre gelöst.

Zum Schluss eine persönliche Anmerkung: Die Umstellung am Karsamstag war für mich und meine Familie trotz der zwei Tage Erholung eine Herausforderung, da der Ostergottesdienst um 4:30 Uhr begann – was aufgrund der Zeitumstellung gefühlt 3:30 Uhr war. Das war sehr anstrengend und ließ mich an die Menschen denken, die täglich gegen ihren biologischen Rhythmus arbeiten müssen, wie etwa Bäcker oder Großmarkthändler, die bereits um 1:00 oder 2:00 Uhr morgens aufstehen. Ihre Belastung wird in der Gesellschaft kaum beachtet.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine angenehme Umstellung auf die Sommerzeit. Vielleicht probieren Sie die "Vier-Tage-Methode" aus. Alternativ kann die Einnahme von 1-2 mg Melatonin vor dem Einschlafen helfen, sich besser an den neuen Rhythmus zu gewöhnen. Dieses ist heute rezeptfrei in Apotheken und Drogerien erhältlich. Beginnen Sie damit am besten ab Donnerstag vor der Zeitumstellung, jeweils zur gewünschten neuen Schlafenszeit (also 1 Stunde vor der Wintereinschlafzeit).

Falls Sie von Frühjahrsmüdigkeit betroffen sind, gehen Sie täglich an die frische Luft und tanken Sie viel Tageslicht, denn dies reguliert den Hormonhaushalt. Regelmäßige Bewegung, eine vitaminreiche Ernährung und ausreichend Flüssigkeitszufuhr wirken ebenfalls belebend. Auch Wechselduschen und ein geregelter Schlafrhythmus unterstützen den Körper dabei, sich optimal an den Frühling anzupassen

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